Steuer-Aufklärer

Für wen lohnt sich eine freiwillige Steuererklärung?

Freiwillig eine Steuererklärung abgeben, auch wenn man nicht dazu verpflichtet ist? Für viele kommt das nicht in Frage. Sollte es aber, denn genau diesen Steuerzahlern winkt häufig eine Steuererstattung. Also ran an die Antragsveranlagung!

Arbeitnehmer zahlen mit der Lohnsteuer – die ihr Arbeitgeber direkt vom Gehalt einbehält und ans Finanzamt abführt – eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. In vielen Fällen ist die Lohnsteuer so hoch, dass eigentlich keine Steuererklärung erforderlich ist.

Der Fiskus teilt die Steuerbürger in zwei Gruppen ein:

  • diejenigen, die eine Steuererklärung abgeben müssen (Pflichtveranlagung) und
  • diejenigen, die freiwillig eine Steuererklärung abgeben können (Antragsveranlagung).

Im Artikel „Wer muss eine Steuererklärung abgeben?“ erfahren Sie, wer zur ersten Gruppe zählt und was es mit der Pflichtveranlagung auf sich hat.

Steuererklärung: freiwillige Abgabe

Verlangt das Finanzamt von Ihnen keine Steuererklärung, dann wird es in Ihrem Fall seinen Steueranspruch als gedeckt ansehen. Doch gerade dann sollte Sie überprüfen, ob Sie nicht zu viel Steuern bezahlt haben – und das geht mit einer freiwilligen Steuererklärung. Für diese sogenannte Antragsveranlagung haben Sie vier Jahre Zeit. Eine Steuererklärung für das Jahr 2023 dürfen Sie also bis zum 31. Dezember 2027 abgeben. Verlängerbar ist diese Frist sowohl mit als auch ohne steuerliche Beratung nicht.

Kurz erklärt: Antragsveranlagung

Wer nicht gesetzlich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, also einer Pflichtveranlagung unterliegt, kann sich freiwillig veranlagen lassen. Das kann sich für viele Arbeitnehmer lohnen, da meist mit einer Steuererstattung zu rechnen ist. Bei der Antragsveranlagung gelten die regulären Abgabefristen nicht – die freiwillige Steuererklärung kann noch vier Jahre nach Ende des Steuerjahres eingereicht werden.

Steuererstattung dank Antragsveranlagung

Im Folgenden erfahren Sie, in welchen Fällen Steuerzahler mit einer Steuererstattung rechnen können. Dann lohnt sich eine freiwillige Steuererklärung.

Nur zeitweise beschäftigt

Falls Sie nur einen Teil des Jahres gearbeitet haben, beispielsweise als Berufsanfänger, haben Sie gute Chancen auf eine Steuerrückzahlung. Denn: Die für ein Jahr geltenden Freibeträge und Pauschbeträge wurden nämlich nur zeitanteilig bei der Lohnbesteuerung durch den Arbeitgeber berücksichtigt.

Doppelverdiener mit Steuerklasse IV

Haben beide Ehegatten mit Lohnsteuerklasse IV (ohne Faktor!) im letzten Jahr Geld verdient, dann bringt eine freiwillige Steuererklärung in vielen Fällen eine Erstattung.

Heirat

Auch wenn Sie im letzten Jahr geheiratet haben, kann sich eine Steuererklärung lohnen. Die meisten Freibeträge und Pauschbeträge werden bei einer Zusammenveranlagung verdoppelt. Davon können Sie profitieren! Der Vorteil ist dann besonders groß, wenn das Einkommen der frisch Vermählten unterschiedlich hoch ist bzw. einer der Ehegatten überhaupt kein eigenes Einkommen hatte, beispielsweise aufgrund eines Studiums.

Geburt eines Kinds

Für jedes Kind steht den Eltern ein Kinderfreibetrag zu. Die Geburt eines Kindes wird von den Einwohnermeldeämtern elektronisch zur Aufnahme in die ELStAM-Datenbank gemeldet. Doch beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber, werden die Kinder nur bei der Berechnung der Zuschlagsteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) berücksichtigt.

Entschließen Sie sich nun für die Abgabe einer Steuererklärung, wird eine Günstigerprüfung durchgeführt: Es wird geprüft, ob die Freibeträge für Kinder zu einem höheren Steuervorteil führen als das erhaltene Kindergeld. Bei gutverdienenden Eltern entsteht ein zusätzlicher Steuervorteil.

Hohe Werbungskosten

Beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.200 Euro im Jahr (2022). In 2023 steigt dieser Betrag auf 1.230 Euro. Wohnen Sie zum Beispiel 20 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt und haben eine Fünf-Tage-Arbeitswoche, dann überschreiten Sie bereits mit den Fahrtkosten die Werbungskostenpauschale: 230 Tage x 20 km x 0,30 Euro = 1.380 Euro. Dann zählt jeder weitere Euro an Werbungskosten und mindert die Steuerbelastung.

Zu den Werbungskosten gehören beispielsweise:

  • eigene Kosten für die Weiterbildung
  • Fahrtkosten zur Arbeit (s. o.)
  • eine doppelte Haushaltsführung
  • ein häusliches Arbeitszimmer
  • berufliche Telefonkosten
  • Beiträge für Berufsverbände, z. B. Gewerkschaften
  • beruflich bedingte Umzugskosten
  • Auswärtstätigkeiten
  • Kontoführungsgebühren für das Gehaltskonto (werden ohne Nachweis mit 16 Euro pauschal anerkannt)
  • Ausgaben für Arbeitsmittel wie Berufskleidung oder die Abschreibung eines privat gekauften, aber beruflich genutzten Computers

Höhere Versicherungsaufwendungen und andere Sonderausgaben

Bei der Gehaltsabrechnung berücksichtigt der Arbeitgeber Ihre Sozialversicherungsbeiträge mit einem individuell berechneten, pauschalen Wert (Vorsorgepauschale). Ihre tatsächlich gezahlten Beiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie für privat abgeschlossene Versicherungsverträge können Sie in der „Anlage Vorsorgeaufwand“ Ihrer Steuererklärung geltend machen. Gut zu wissen: Eine zusätzliche Basisrente (Rürup-Rente) führt immer zu einer Steuerersparnis.

Für die weiteren Sonderausgaben liegt der Pauschbetrag nur bei 36 Euro. Wer etwa Kirchensteuer gezahlt oder Spenden geleistet hat, kann diese in der Steuererklärung angeben.

Weitere Beispiele für Sonderausgaben sind:

  • Betreuungskosten für Ihre Kinder bis 14 Jahre, dazu zählen auch die Gebühren für den Kindergarten oder für die Tagesmutter
  • Schulgeld für die Privatschule Ihrer Kinder
  • Altersvorsorgebeiträge für einen Riester-Vertrag
  • Ausbildungskosten für eine Erstausbildung wie zum Beispiel ein Bachelor-Studium

Studenten

Für Studenten lohnt sich die Abgabe einer Steuererklärung vor allem während eines Zweitstudiums, wozu beispielsweise ein Masterstudium oder ein Studium nach Abschluss eines Ausbildungsberufes zählt. Dann gelten die Studienausgaben als Fortbildungskosten und können letztlich als Werbungskosten geltend gemacht werden. Abzugsfähige Kosten sind beispielsweise: Einschreibe- und Studiengebühren, Fahrtkosten zur Uni und Ausgaben für Bücher.
Selbst wenn kein Bruttoarbeitslohn bezogen wird oder dieser sehr niedrig ist, kann es sich lohnen, die Werbungskosten genau zu ermitteln. Denn oft entsteht ein rechnerischer Verlust, den Studenten in der Steuererklärung entweder in das zurückliegende Jahr zurücktragen oder auf künftige Jahre vortragen können.

Studenten im Erststudium können Ihre Studienkosten lediglich als Sonderausgaben für das jeweilige Jahr steuerlich absetzen – bis zu einem Höchstbetrag von 6.000 Euro.

In unserem Steuertipp „Wichtiger Unterschied in der Steuererklärung: Erststudium oder Zweitstudium?“ gehen wir detailliert darauf ein, was Studenten bei der Abgabe einer Steuererklärung berücksichtigen müssen.

Ausbildungsfreibetrag

Ihr volljähriges Kind hat im letzten Jahr eine Berufsausbildung begonnen und eine auswärtige Wohnung bezogen? Dann können Sie den Ausbildungsfreibetrag – der sich jährlich auf max. 924 Euro (2022) und 1.200 Euro (2023) beläuft – mittels Steuererklärung beantragen. Falls Ihr Kind nicht das gesamte Jahr auswärts gewohnt hat, wird der Ausbildungsfreibetrag zeitanteilig gekürzt.

Außergewöhnliche Belastungen

Sie hatten höhere Ausgaben wegen gesundheitlicher Probleme? Dann können Sie die Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung geltend machen – und haben gute Chancen auf eine Steuererstattung. Absetzbar sind jene Kosten, die den zumutbaren Anteil überschreiten. Dieser nicht absetzbare Eigenanteil wird individuell berechnet; er hängt vom Einkommen, Familienstand und von der Zahl der Kinder ab.

Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören unter anderem auch:

  • Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung
  • Pflegeaufwendungen und der Pflegepauschbetrag
  • Wiederbeschaffungskosten nach einem Hochwasser, Brand oder einer anderen Katastrophe
  • die finanzielle Unterstützung einer bedürftigen Person, für die kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld besteht.

Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerkosten

Auch bestimmte private Ausgaben verhelfen Ihnen zu einer Steuerrückzahlung: Arbeitskosten etwa für die häusliche Pflege, Reinigung, Hausmeistertätigkeiten und einen Gärtner können Sie in der Steuererklärung bei den „haushaltsnahen Dienstleistungen“ angeben; Malerarbeiten, Schornsteinfegerkosten und Reparaturarbeiten im Haushalt bei den Handwerkerleistungen.

Wichtig dabei ist, dass Sie die Rechnungen überweisen – dann können Sie 20 Prozent der Arbeitskosten über die Steuererklärung geltend machen.

Arbeitnehmersparzulage

Haben Sie vermögenswirksame Leistungen von Ihrem Chef erhalten? Dann können Sie vielleicht auch von der „Arbeitnehmersparzulage“ profitieren: Dabei handelt es sich um einen staatlichen Zuschuss für Sparleistungen in spezielle Aktienfonds und Bausparverträge, den Angestellte mit einem geringeren Einkommen erhalten. Zu beantragen ist die Arbeitnehmersparzulage in der Steuererklärung.

Zu viel bezahlte Abgeltungsteuer zurückholen

Möglicherweise haben Sie zu viel Abgeltungsteuer bezahlt. Das ist jene Steuer, die Banken und Versicherungen von Kapitalerträgen einbehalten. Sie beträgt pauschal 25 Prozent – zuzüglich 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.

Liegt Ihr Grenzsteuersatz unter 25 Prozent, sollten Sie in der Anlage KAP der Steuererklärung die Günstigerprüfung beantragen; so werden Ihre Kapitalerträge mit Ihrem niedrigeren persönlichen Steuersatz versteuert.

Auch wenn Sie die Freistellungsaufträge bei den Banken unglücklich verteilt haben und insgesamt höchstens 801 Euro (2022) und 1.000 Euro (2023) Kapitalerträge bekommen haben, können Sie auf diesem Weg zu viel einbehaltene Abgeltungsteuer zurückholen.

Verlust

Sie haben in einer Einkunftsart, zum Beispiel als Vermieter, einen Verlust erzielt? Dann geben Sie diesen in der Steuererklärung an. Der Verlust aus dieser Einkunftsart wird dann mit den anderen positiven Einkünften verrechnet – und reduziert die Steuerlast.

Abfindung

Bei einer Abfindung darf die Einkommensteuer unter bestimmten Voraussetzungen reduziert werden. Für die Berechnung gilt die sogenannte Fünftel-Regelung. Hat der Arbeitgeber dies bei der Lohnsteuer nicht berücksichtigt, kann das mit einer Steuererklärung nachgeholt werden. Achtung: Falls Ihr Arbeitgeber die ermäßigte Versteuerung bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren vorgenommen hat, müssen (!) Sie eine Steuererklärung abgegeben.

Alleinerziehende

Wer alleine ein Kind großzieht, dem steht ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 4.260 Euro jährlich zu. Ab dem zweiten Kind gibt es zudem einen Zuschlag von je 240 Euro. In der Steuerklasse II wird der Entlastungsbetrag berücksichtigt. Kam dieser beim Lohnsteuerabzug noch nicht für das ganze Jahr zum Tragen, kann das durch Eintragungen in der Anlage Kind nachgeholt werden.

Rückzahlung von Lohnersatzleistungen

Lohnersatzleistungen – wie beispielsweise Arbeitslosen-, Kranken- oder Elterngeld – sind steuerfrei; sie führen aber dazu, dass die steuerpflichtigen Einkünfte wie das Gehalt mit einem höheren Steuersatz zu versteuern sind. Dieser Effekt heißt Progressionsvorbehalt. Manchmal muss zum Beispiel Arbeitslosengeld zurückgezahlt werden. Übersteigt in einem Jahr der Rückzahlungsbetrag die erhaltenen Zahlungen, dann kann dies zu einem negativen Progressionsvorbehalt führen. Das heißt, für die steuerpflichtigen Einkünfte wird ein etwas niedrigerer Steuersatz ermittelt.

Nachzahlung? Antrag zurücknehmen!

Es gibt also zahlreiche Anlässe, bei denen sich eine freiwillige Steuererklärung lohnt. Selbst wenn das Finanzamt wider Erwarten im Steuerbescheid eine Nachzahlung festsetzt, lässt sich das verhindern: Dafür müssen Sie innerhalb eines Monats Einspruch einlegen. Nehmen Sie Ihren Antrag auf Steuerveranlagung zurück und beantragen Sie die Aussetzung der Vollziehung. Dann müssen Sie die Steuerforderung nicht zahlen.

Eine Steuernachzahlung lässt sich nur dann nicht vermeiden, wenn der Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten hat.

Ihnen ist das alles zu kompliziert und Sie möchten am liebsten Ihre Steuerangelegenheiten abgeben? Dann ist vielleicht eine Mitgliedschaft im Lohnsteuerhilfeverein Steuerring für Sie interessant. Mehr zum Steuerring und seinen Leistungen erfahren Sie hier auf der Webseite – und einen persönlichen Berater in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Beratungsstellensuche.