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Leiharbeiter können Reisekosten in der Steuererklärung ansetzen

Fast eine Million Leiharbeiter sind in Deutschland beschäftigt. In deren Arbeitsverträgen wird eine hohe Flexibilität verlangt: Sie müssen stets mit dem Einsatz bei einem anderen Entleiher rechnen – auch kurzfristig. In einem vom Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland e. V. (Steuerring) erstrittenen Urteil, hat das Niedersächsische Finanzgericht am 30.11.2016 entschieden, dass Leiharbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte beim Entleiher haben.

Generell gilt seit 2014, dass auch bei einem – vom Arbeitgeber bestimmten – Dritten eine erste Tätigkeitsstätte vorliegen kann. Voraussetzung dafür ist, dass die Tätigkeit dort dauerhaft erfolgt. Ist dies der Fall, kann der Arbeitnehmer in seiner Steuererklärung nur die Entfernungspauschale, also die einfache Wegstrecke ansetzen.

Nach Ansicht des Steuerrings, einem der größten Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland, trifft dies für einen Leiharbeiter nicht zu. Ist im Arbeitsvertrag eine Regelung enthalten, nach der der Leiharbeiter in verschiedenen Kundenbetrieben des Arbeitgebers eingesetzt werden kann und auch kurzfristig mit einem Wechsel rechnen muss, kann eine dauerhafte Zuordnung zum Entleiher nicht vorliegen. Die Folge: Der Leiharbeiter kann für seine Fahrten zur Arbeit die Aufwendungen für die Hin- und Rückfahrt in seiner Steuererklärung ansetzen – also den doppelten Betrag im Vergleich zur Entfernungspauschale. Hinzu kommen Mehraufwendungen für Verpflegung, die für die ersten drei Monate eines neuen Einsatzes geltend gemacht werden können.

Das Niedersächsische Finanzgericht gab dem Steuerring im Urteil vom 30.11.2016 (Aktenzeichen 9 K 130/16) in vollem Umfang Recht. Selbst wenn der jeweilige Einsatz bei einem Entleiher nicht konkret befristet ist, ergibt sich aus dem Wesen der Leiharbeit und den Regelungen im Arbeitsvertrag keine dauerhafte Zuordnung. Die Auffassung des Finanzamts, dass ohne die Angabe einer Befristung und somit „bis auf Weiteres“ eine unbefristete Zuordnung vorliegt, kann für Leiharbeitnehmer also nicht gelten.

Zudem bestimmt §1 Absatz 1 Satz 2 Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz (AÜG), dass ein Leiharbeiter nur vorübergehend bei einem Entleiher eingesetzt werden darf. Wenn also arbeitsrechtlich eine dauerhafte Zuordnung zum Entleiher nicht zulässig ist, dann muss dies ebenfalls für das Steuerrecht gelten.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Damit soll das höchste Steuergericht die Möglichkeit erhalten, das Urteil zu überprüfen. Das Finanzamt hat mittlerweile Revision eingelegt, das Aktenzeichen der Revision lautet VI R 6/17.

Die beim Steuerring für die Klage Verantwortlichen freuen sich natürlich: „Mit dieser Entscheidung haben wir einen Etappensieg erzielt“, so Steuerring-Steuerreferent Rudolf Gramlich. „Schließlich haben Leiharbeiter oft bei niedrigem Lohn hohe Aufwendungen für die Fahrten zum Arbeitsplatz.“

Tipp für alle Leiharbeiter: Beantragen Sie in Ihrer Steuererklärung die Aufwendungen für Hin- und Rückfahrt. Das sind bei Nutzung eines PKW 0,30 Euro für den gefahrenen Kilometer. Sollten diese abgelehnt werden, legen Sie unbedingt Einspruch gegen den Steuerbescheid ein und verweisen Sie auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts und auf das Revisionsverfahren. Das Finanzamt kann mit der abschließenden Bearbeitung warten, bis der BFH entschieden hat.

Über den Steuerring: Der Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland e. V. (Steuerring) zählt mit rund 300.000 Mitgliedern und über 1.100 Beratungsstellen zu den größten Lohnsteuerhilfevereinen in Deutschland. Der Steuerring wurde 1969 gegründet. Seither erstellt der Verein für seine Mitglieder die Steuererklärungen und bietet ihnen Steuerberatung (gem. § 4 Nr. 11 Steuerberatungsgesetz).